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Auch gegen den Gastgeber überzeugt das DHB-Team, verliert aber den Faden und muss die Heimreise antreten. Am Ende rollen Tränen.
Von der Handball-WM berichtet Julian Meißner
Saragossa - Während die Spanier zum Jubel ansetzten, rollten bei Christoph Theuerkauf schon die Tränen: Der große Traum ist ausgeträumt.
Die DHB-Auswahl hat das Viertelfinale gegen den WM-Gastgeber nach hartem Kampf verloren, kann aber erhobenen Hauptes die Heimreise antreten.
Vor 10.081 Fans im ausverkauften Hexenkessel Pabellon Principe Felipe in Saragossa unterlag die Mannschaft von Martin Heuberger dem Titelmitfavoriten mit 24:28 (14:12).
Trotz einer erneut starken Defensivleistung mit einem überragenden Silvio Heinevetter zog die deutsche Auswahl gegen einen am Ende entfesselten Gegner den Kürzeren (DIASHOW: Die Bilder der deutschen Spiele).
"Die Mannschaft hat toll gekämpft. Wir können stolz auf die Leistung bei dieser WM sein", sagte Heuberger.
"Enttäuschungen gehören dazu"
Die Entscheidung fiel mit einem Fünf-Tore-Run des Weltmeisters von 2005 in den letzten zehn Spielminuten, als Deutschland nichts mehr zuzusetzen hatte.
"Wir dürfen nicht vergessen, dass wir ein sehr gutes Turnier gespielt haben", meinte Kapitän Oliver Roggisch: "Enttäuschungen gehören dazu, aber aus solch einem Spiel kannst du so viel mitnehmen für die Zukunft. Ich hoffe, das werden wir tun."
Und Heuberger, in dessen Team Sven-Sören Christophersen (6/1) bester Werfer war, analysierte: "Wir haben einige Chancen ausgelassen und waren in der zweiten Halbzeit zu oft in Unterzahl."
Früher Wechsel im Tor
Der Start lief weitgehend nach Plan.
Die Deckung packte zu vor dem von Beginn an gut aufgelegten Heinevetter, der Angriff fand gute Lösungen gegen die offensive 5:1-Deckung der Seleccion.
Bei der ersten deutschen Zwei-Tore-Führung zum 7:5 (13.) durch Michael Haaß verbannte Spaniens Coach Valero Rivera den bis dato hilflos wirkenden Star-Torhüter Arpad Sterbik auf die Bank und brachte Jose Manuel Sierra - ein Wechsel mit Folgen.
Roggisch optimistisch
Doch zunächst gaben die Deutschen den Ton an. Vor allem die Abwehr zeigte sich extrem engagiert und stellte die Spanier im aufgebauten Angriff immer wieder vor große Probleme.
Beim 14:12 zur Pause war dann auch die Grundstimmung: Hier geht was!
Roggisch sagte in der Halbzeit: "Wir haben uns nicht beeindrucken lassen und machen wenig Fehler. Wenn wir so weiterspielen, will ich sehen, was hier passiert."
Doch sein Team verlor in Unterzahl gegen den nun in einer defensiveren Formation deckenden Gegner etwas den Faden, beim 15:17 durch Aguinagalde (35.) führte Spanien erstmals mit zwei Toren.
Partie auf Augenhöhe
In dieser Phase ging auch die sonst so hohe Treffsicherheit verloren. Alleine Patrick Groetzki vergab aus dem Gegenstoß zweimal völlig frei vor Sierra (DIASHOW: Der deutsche WM-Kader).
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"Das war schon ein kleiner Schlüsselpunkt", gab der Rechtsaußen im Gespräch mit SPORT1 zu.
Zunächst blieb alles offen, auch weil die kroatischen Schiedsrichter Gubica/Milosevic mit einer guten Leistung dazu beitrugen, dass die Zuschauer ein zwar hochintensives, aber faires Spiel zweier Mannschaften auf Augenhöhe sahen.
Aguinagalde nicht zu bremsen
Vorne lief es nicht mehr ganz so flüssig, vor allem Theuerkauf half nun mit seinen Toren vom Kreis, dass Deutschland im Spiel blieb.
Allerdings drehte auch sein Gegenüber Aguinagalde immer mehr auf und netzte ein ums andere Mal ein.
"Er hat uns das Genick gebrochen", sagte Christophersen über den bulligen Kreisläufer von Atletico Madrid, der mit sieben Treffern bester Werfer seines Teams war.
Haaß meinte: "Spanien ist eine Top-Mannschaft, die spielen zu Hause, die waren beflügelt. Da muss einfach alles passen, um hier bestehen zu können."
Sierra hält stark
Es passte nicht alles. Beim 21:23 aus deutscher Sicht (51.) rief Heuberger zum Timeout, ohne noch die Wende herbeiführen zu können.
Die Weltmeister seit 1978
1978 in Dänemark
Die BRD gewinnt 20:19 gegen die UDSSR.
1982 in der BRD
Die UDSSR schlägt Jugoslawien 30:27.
1986 in der Schweiz
Jugoslawien siegt gegen Ungarn mit 24:22.
1990 in der CSSR
Mit 27:23 gewinnt Schweden gegen die UDSSR.
1993 in Schweden
Ein 28:19-Sieg für Russland gegen Frankreich.
1995 in Island
Frankreich besiegt Kroatien 23:19.
1997 in Japan
Schweden verliert gegen Russland mit 21:23.
1999 in Ägypten
Diesmal schlägt Schweden Russland 25:24.
2001 in Frankreich
Die Franzosen besiegen Schweden 28:25.
2003 in Portugal
Deutschland unterliegt Kroatien 31:34.
2005 in Tunesien
Spanien schlägt Kroatien mit 40:34.
2007 in Deutschland
Deutschland gewinnt 29:24 gegen Polen.
2009 in Kroatien
Frankreich gewinnt 24:19 gegen Kroatien.
2011 in Schweden
Frankreich schlägt Dänemark mit 37:35.
Der starke Sierra vernagelte seinen Kasten gegen die nun auch wenig einfallsreichen deutschen Werfer, Spanien erhöhte unter dem Höllenlärm der Zuschauer auf vier Tore (25:21/53.) - die Vorentscheidung.
Spanien der verdiente Sieger
Der Rest war Formsache für den WM-Gastgeber, der am Ende auch "der verdiente Sieger war", wie Heuberger anerkannte.
Und so greifen die Spanier im eigenen Land nach einer Medaille. Zunächst geht es am Freitag im Halbfinale gegen Slowenien, das Russland mit 28:27 (14:13) bezwang und erstmals in einem WM-Halbfinale steht ( DATENCENTER: Die WM-Ergebnisse).
Das deutsche Team tritt dagegen nach einem starken Turnier am Donnerstag von Madrid aus die Heimreise an, enttäuscht aber auch stolz.
Die Partie im Stenogramm
Deutschland - Spanien 24:28 (14:12)
Deutschland: Heinevetter (Berlin) - Kneer (Magdeburg), Wiencek (Kiel 1), Schmidt (Wetzlar 1/1), Weinhold (Flensburg 2), Pfahl (Gummersbach 1), Haaß (Göppingen 3), Klein (Kiel 4), Strobel (Lemgo), Roggisch (Rhein-Neckar Löwen), Reichmann (Wetzlar), Groetzki (Rhein-Neckar Löwen 2), Theuerkauf (Balingen 4), Christophersen (Berlin 6/1), Fäth (Wetzlar)
Spanien: Aguinagalde (7), Tomas (7/1), Entrerrios (6), Rivera (3), Maqueda (3), Rocas (1), Sarmiento (1)
Schiedsrichter: Gubica/Milosevic (Kroatien)
Zeitstrafen: 6:5
Siebenmeter: 3/2:1/1
Zuschauer in Saragossa: 10.801 (ausverkauft)