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WM-OK-Chef Hassan Al-Thawadi spricht im SPORT1-Interview über Alkohol während des Turniers in Katar 2022 und äußert eine Bitte.
Aus Katar berichten Mathias Frohnapfel, Christian Ortlepp und Michael Obermeier
Doha - Die Kamera ist längst aus, doch Hassan Al-Thawadi plaudert weiter über Fußball.
Über den FC Bayern, der bereits zum vierten Mal in Doha sein Trainingslager abhält. Und natürlich über Katars Traum, bei der WM 2022 als Gastgeber sportlich alle zu überraschen.
Der Generalsekretär des WM-Organisationskomitees ist ein leidenschaftlicher Fußball-Fan, das spürt man schon nach wenigen Minuten auf der Terrasse des Nobelhotels "Four Seasons" in Doha.
Während in der Bucht allmählich die Dämmerung aufzieht, spricht Hassan Al-Thawadi im SPORT1-Interview über die Vorbereitungen auf das Großereignis, die Dauerdebatte über den Termin und die Frage nach Alkohol im WM-Gastgeberland.
Und der 35-Jährige erklärt zudem, wie die Bedingungen für die Bauarbeiter im Land verbessert werden sollen.
SPORT1: Herr Al-Thawadi, vor acht Jahren hat Deutschland die WM organisiert, in acht Jahren wird Katar Gastgeber sein. Eine schöne, aber auch eine große Aufgabe, oder?
Hassan Al-Thawadi: Ich denke, dass die Deutschen sehr gut verstehen, was es bedeutet, WM-Gastgeber zu sein. Es ist das größte Sportereignis der Welt, ich freue mich sehr darauf - wegen unserer Pläne, wegen unserer Ziele und weil zum ersten Mal in der Geschichte eine WM im Nahen Osten stattfindet.
SPORT1: Was bedeutet dieses Großereignis für Katars Entwicklung?
Al-Thawadi: Es hat zwei Bedeutungen, einmal für Katar, einmal für die ganze Region. Die Weltmeisterschaft kann als ein Katalysator wirken, 2022 werden die Menschen Katars Entwicklung sehen. Wir haben ein sehr ambitioniertes Entwicklungsprogamm als Nation. Die WM kann da als Beschleuniger wirken für Infrastruktur, Wirtschaft und soziale Initiativen.
SPORT1: In den letzten Tagen wurde heiß diskutiert, wann die WM stattfinden soll: im Sommer oder im Winter.
Al-Thawadi: Darüber wurde schon in den letzten beiden Jahren viel gesprochen (schmunzelt). Wir haben uns für eine Sommer-WM beworben, die Kühltechnologien ermöglichen uns, das zu organisieren. Allerdings haben wir immer gesagt, dass die internationale Fußballgemeinschaft das Recht hat zu entscheiden, wann das Turnier stattfindet. Es ist eine Entscheidung der FIFA. Soweit ich weiß, werden sie bis zum Ende des Jahres entscheiden.
SPORT1: Was wäre denn für Katar am besten?
Al-Thawadi: Wir sind vorbereitet: Sommer, Winter, jederzeit.
SPORT1: Würde eine Winter-WM Katars Kosten für die WM erhöhen?
Al-Thawadi: Der Kostenunterschied wird nicht so groß sein, ich kann Ihnen aber keine exakten Zahlen nennen. Alle Pläne beziehen sich derzeit auf eine Sommer-WM, wofür wir uns beworben haben.
SPORT1: Was kann die Fußball-Welt von der WM in Katar erwarten?
Al-Thawadi: Fußball ist der größte Sport, der Nahe Osten ist eine der Regionen mit der meisten Leidenschaft für den Fußball weltweit. 2022, das ist nicht nur die WM von Katar, sondern die WM des ganzen Nahen Ostens. Wir freuen uns, die Welt willkommen zu heißen und falsche Vorstellungen vom Nahen Osten abzubauen. Wir wollen in den 30 Tagen Brücken zwischen den Kulturen bauen. Deutschland hat es geschafft, diese Plattform 2006 zu nutzen.
SPORT1: Könnte es auch sein, dass WM-Partien in Bahrain oder Abu Dhabi stattfinden?
Al-Thawadi: Nein, es ist zwar die WM des Nahen Ostens, aber wenn wir andere Länder als Austragungsorten mit einbeziehen würden, würde Katar einer der größten Stärken beraubt. Die WM ist sehr kompakt, die Fans müssen sich keine Sorgen über ihre Unterkunft machen, es reicht, wenn sie einmal ein Hotel buchen. Die Wege werden sehr kurz sein.
SPORT1: Wie werden Sie mit der Frage umgehen, ob Alkohol verfügbar sein wird?
Al-Thawadi: Alkohol ist verfügbar in Doha - in bestimmten Bereichen. Aber er ist nicht Teil unserer Kultur. Was Teil unserer Kultur ist, das ist die Gastfreundschaft. Wir haben großen Respekt für unsere Gäste. Die WM ist eine große Chance, unterschiedliche Kulturen zu verstehen und zu respektieren. Es wird Alkohol geben, aber nicht überall. Wir bitten die Welt, unsere Kultur zu respektieren.
Alle Weltmeister
1930
Uruguay (4:2 gegen Argentinien)
1934
Italien (2:1 n.V. gegen die Tschechoslowakei)
1938
Italien (4:2 gegen Ungarn)
1950
Uruguay (2:1 gegen Brasilien)
1954
Deutschland (3:2 gegen Ungarn)
1958
Brasilien (5:2 gegen Schweden)
1962
Brasilien (3:1 gegen die Tschechoslowakei)
1966
England (4:2 n.V. gegen Deutschland)
1970
Brasilien (4:1 gegen Italien)
1974
Deutschland (2:1 gegen die Niederlande)
1978
Argentinien (3:1 n.V. gegen die Niederlande)
1982
Italien (3:1 gegen Deutschland)
1986
Argentinien (3:2 gegen Deutschland)
1990
Deutschland (1:0 gegen Argentinien)
1994
Brasilien (0:0 n.V., 3:2 i.E. gegen Italien)
1998
Frankreich (3:0 gegen Brasilien)
2002
Brasilien (2:0 gegen Deutschland)
2006
Italien (1:1 n.V., 5:3 i.E. gegen Frankreich)
2010
Spanien (1:0 n.V. gegen die Niederlande)
SPORT1: Konkret gefragt: Wird es Bier in den Fan-Zonen geben?
Al Thawadi: In manchen Fan-Zonen ja, aber wie gesagt nicht überall.
SPORT1: Zuletzt gab es Todesfälle von Gastarbeitern auf den Baustellen in Katar. Eine Kommission hat sich des Themas angenommen. Wie geht deren Arbeit voran?
Al-Thawadi: Wir haben immer gesagt, dass für uns die Sicherheit, Gesundheit und Würde der Arbeiter sehr wichtig sind. Das Gesetz Katars schützt alle Rechte der Arbeiter. Wir sind uns des Problems bewusst. Jeder, der gegen die Gesetze zur Arbeitssicherheit verstößt, begeht ein Verbrechen. Unsere Standards für die Arbeiter werden gerade von internationalen Organisationen überprüft. Wir haben auch mit "Amnesty International", "Human Rights Watch" und ILO (International Labour Organisation, Anm. d. Red.) einen offenen Austausch.
SPORT1: Wie wird den Arbeitern in der Praxis geholfen?
Al-Thawadi: Wir haben ein Prüfsystem eingefügt, das aus vier Bereichen besteht: die erste Prüfung übernehmen die Unternehmer selbst, die zweite ist eine unabhängige Überprüfung, die dritte findet durch uns selbst statt und die vierte durch das Arbeitsministerium. Ich freue mich sehr zu sagen, dass wir das beim Al-Wakrah-Stadion schon sehr gut umgesetzt haben.
SPORT1: Gerade war der FC Bayern in Doha im Trainingslager. Welche Spieler kennen Sie von Bayern München?
Al-Thawadi: Welche Namen wollen Sie hören: Franz Beckenbauer, Gerd Müller oder Uli Hoeneß? Franck Ribery? Und mit Oliver Kahn hatte Bayern einen der besten Torhüter der Geschichte. Bayern ist eine phantastische Mannschaft, ich bin sehr stolz, dass sie zum vierten Mal hier im Trainingslager waren. Ich habe großen Respekt vor dem deutschen Fußball.
SPORT1: Das heißt?
Al-Thawadi: Die Organisation des deutschen Fußballs gefällt mir sehr gut, wie die Liga sich managt, das ist sehr beeindruckend. Auch der DFB macht eine sehr gute Arbeit.
SPORT1: Was glauben Sie, wird Bayern mit Pep Guardiola die Champions League verteidigen?
Al-Thawadi: Er ist ein phantastischer Coach, bringt viel Qualität mit. Bayern hat sicher eine sehr gute Chance, aber auch Real und Barcelona haben sehr starke Teams. Mir gefällt auch das Münchner Management: Hinter Bayern steckt eine Vision.
SPORT1: Katar hat gerade gegen Jordanien die Westasienmeisterschaft gewonnen. Macht das Mut für die Zukunft?
Al-Thawadi: Ja, sicher. Das Team ist sehr jung und sehr hungrig. Wir hatten immer sehr talentierte Spieler, auch in Ägypten, Irak, Jordanien gibt es phantastische Spieler, die nie die Chancen hatten auf einer internationalen Bühne zu brillieren. Die WM 2022 könnte ihnen die Chance geben.
SPORT1: Was erwarten Sie von Katars Nationalteam?
Al-Thawadi: Ich bin zuversichtlich für die WM 2022, nicht dass Katar gewinnt, sondern eine besondere Leistung zeigt. Deshalb bin ich auch sehr optimistisch, dass Katar schon 2018 bei der WM in Russland dabei sein wird. Ich hoffe auf ein Finale Deutschland gegen Katar in 2022 (schmunzelt). Bei der U-20-WM gab es übrigens 1981 bereits dieses Endspiel, damals gewann Deutschland. Nun, man weiß nie.