Ein paar Scheibchen mehr

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Erik Zabel kommt mit der zweiten Doping-Beichte der Wahrheit näher. Auch das Geständnis wird von Unglaubwürdigkeiten geschmälert.

Beim ersten Mal gab es Tränen.

Und eine rührselige Geschichte von einem Heroen, der sich einmal, ein einziges Mal zum Doping hat verführen lassen, dann aber gleich krank davon geworden ist.

Erik Zabels Geständnis von 2007 war ein Märchen, das vergangene Woche von den Aufklärern aus Frankreich zerfleddert worden ist.

Er wolle nun in sich gehen, hat Erik Zabel kurz darauf mitgeteilt, nun hat er das Ergebnis dieses Prozesses präsentiert: eine weit umfangreichere Beichte.

EPO, Cortison, Eigenblut-Doping, über Jahre hinweg: "Es ist doch eine ganze Menge", fällt dem früheren Sprint-Ass auf. In der Tat.

Zabel darf keinen Applaus mehr für seine Worte erwarten, es ist dennoch positiv anzumerken, dass er nicht mehr das jämmerliche Spielchen spielt, nur das zuzugeben, was ohnehin nicht mehr abzustreiten ist.

Was Zabel nun präsentiert, kommt der vollen Wahrheit deutlich näher, als das Scheibchen, dass er vor sechs Jahren hingeworfen hat. Aber ist es der ganze Laib Wahrheit?

Mit dem Offenlegen von Strukturen, also dem, was dem Ziel einer nachhaltigen Säuberung mehr nutzen würde als ein schlichtes Mea Culpa, kann Zabel nicht dienen, behauptet er: "Ich hatte nie einen strukturierten Dopingplan, nie dafür irgendwelche Experten um mich rum."

Das mag glauben, wer will. Ebenso Zabels angebliche Überzeugung, "dass der heutige Radsport nicht mehr mit der dunklen Ära meiner Zeit zu vergleichen ist".

Das klingt nicht mehr nach einer ehrlichen Bestandsaufnahme, das klingt doch wieder nach der altbekannten PR-Plapperei, mit der die Branche ihre notorische Leidenschaftslosigkeit in Sachen Doping-Aufarbeitung verhüllt. Mehr schlecht als recht, vorsichtig ausgedrückt.

Besagte Branche ernährt Zabel, den Sportdirektor des russischen Katjuscha-Teams und der Hamburger Cyclassics, übrigens heute noch ebenso, wie sie es damals getan hat.

Man darf vor diesem Hintergrund nicht naiv sein: Bei einer öffentlichen Abbitte geht es nicht nur ums eigene Seelenheil. Es ist ein Geschäftsangebot an die kritische Öffentlichkeit: Ich geb euch so viel Wahrheit, wie ich gerade entbehren kann. Ihr lasst mir dafür die Reste meines Rufs - und meine Jobs.

Ja, Zabel hebt sich mit seinem verspäteten Geständnis ab von gewissen Kollegen, denen noch heute in Sachen Doping kein Geflunker und keine Schein-Empörung zu blöd sind.

Sein Früher-alles-schlecht-heute-alles-gut-Gerede nährt aber den Verdacht, dass sein Wille zur Wahrheit nur bis zu dem Punkt ausgeprägt ist, an dem die Wahrheit keinem mehr richtig wehtut.


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