Erfolgt die Wachablösung?

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SPORT1-Experte Elmar Paulke beurteilt vor dem WM-Endspiel van Gerwen gegen Taylor die Chancen der beiden Finalisten.

Phil Taylor saß wie ein Häufchen Elend bei der letzten Pressekonferenz vor seinem Finale gegen Michael van Gerwen (Di., ab 21 Uhr LIVE im TV auf SPORT1 und im LIVESTREAM) .

Er war erkältet und in Katerstimmung nach dem gestrigen Tete a tete mit Raymond van Barneveld. Er hatte sich mehrfach entschuldigt, und betonte, es tue ihm wirklich Leid. Was für ein Aussetzer gegen seinen größten Rivalen Barney, der bereits nach Hause geflogen ist und auch den niederländischen Kollegen kein Interview mehr gegeben hat.

Bis früh in die Morgenstunden nach dem Halbfinal-Aus saßen Sylvia und die Kinder an der Hotelbar und diskutierten über den Vorfall. Das Verrückte daran ist, dass Barney in der Niederlage Größe zeigen und Taylors Arm gen Himmel strecken wollte.

Man hat van Barneveld immer wieder mal den Vorwurf gemacht, er sei ein schlechter Verlierer. Und jetzt wollte er allen zeigen, dass er es nicht ist und dann das!

"The Power" wird sich vor allem erholen. Er will Kraft tanken für das Finale. Der Respekt vor dem 23-jährigen Michael van Gerwen ist groß.

Der Engländer meinte sogar, dass "Mighty Mike" der neue Phil Taylor werden könnte. Soll das morgen die Wachablösung werden, nachdem van Gerwen bereits die Nr. 2, Titelverteidiger Adrian Lewis, und die Nr. 3 der Welt, James Wade, aus dem Turnier geworfen hat?

Nein, so leicht wird es für das Riesentalent van Gerwen nicht. Phil Taylor wird die Stunden vor dem Finale vor allem dafür brauchen, um seine Angriffslust wieder zu entdecken.

Wenn er auf Top-Niveau spielen will, muss "The Power" aggressiv sein. Taylor hat in den vergangenen 25 Jahren so oft gezeigt, wie stark er genau in diesen Momenten ist. Und wenn er den Glauben daran hat, ist WM-Titel-Nr. 16 natürlich drin!

Ob wir im Falle eines weiteren Triumphes morgen tatsächlich die allerletzte Partie von Mr. Darts erleben?

Ich kann es mir nicht vorstellen. Rücktrittsgerüchte und -überlegungen gab es in der Vergangenheit bei Taylor schon zwei, drei Mal. Auch seine Sponsorenverträge lassen ihn weiter auf die größten Dartsbühnen der Welt reisen.

Wer aus so einfachen Verhältnissen wie Phil Taylor kommt, für den spielt Geld eine besonders wichtige Rolle. Adrian Lewis hat im vergangenen Jahr noch erzählt, dass Taylor mindestens fünf Jahre spielen würde, weil das ganz einfach sein Leben sei. Und Weltmeister Lewis kennt Taylor lange und ziemlich gut.

Das Finale der WM 2013 wird das 21. Match zwischen Taylor und van Gerwen sein. 16:4 steht die Bilanz zugunsten der Nr. 1 der Welt, Phil Taylor. Die letzten beiden Partien beim Grand Slam of Darts und im Finale des Pro Tour Events von Barnsley gewann allerdings van Gerwen.

Es wird ihr drittes Match bei einer Weltmeisterschaft sein, ihr drittes Match auf dieser gewaltigen Bühne des Alexandra Palace. Dort konnte van Gerwen den Großmeister noch nicht bezwingen. Noch nicht.

Mit seinen Rücktrittsgedanken hat Taylor, vielleicht ja auch bewusst, diesem WM-Finale noch mehr Gewicht gegeben. Van Gerwen weiß jetzt, dass er womöglich die Karriere des Phil Taylor beenden könnte.

Es ist also nicht nur sein erstes WM-Finale, er könnte nicht nur der jüngste Weltmeister der PDC aller Zeiten werden, er schickt vielleicht "The Power" auch noch in Rente. Das ist eine Menge Holz. Damit muss ein 23 Jahre junger Kerl erst einmal zu recht kommen.

Eines gab es vor einem WM-Finale mit Phil Taylor noch nie: das man sich nicht sicher war, ob Taylor sein gesamtes Potential wird abrufen können. Diese Frage hat man sich immer bei seinem Gegner gestellt.

Bei van Gerwen gehen alle Experten davon aus, dass er weiterhin auf dem gezeigten Top-Niveau spielen wird. Doch wozu ist Taylor imstande? Vor allem nach diesem Zoff mit Barney! Wer morgen im Finale nicht dabei ist, ist selber Schuld!

Elmar Paulke ist die Darts-Stimme bei SPORT1. Zusammen mit SPORT1-Darts-Experte Roland Scholten kommentiert er die Live-Übertragungen im TV. Paulke ist seit Herbst 1998 für SPORT1 (ehemals DSF) als Kommentator tätig und ist neben Darts auch ausgewiesener Tennis-Experte. Im Mai 2000 wurde er für seine DSF-Dokumentation "Boris Becker - I did it my way" mit dem "Bayerischen Fernsehpreis" ausgezeichnet. Während der Darts-WM 2013 wechselt er sich bei der Kolumne mit Roland Scholten und Tomas Seyler ab.


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