Ein bisschen wie Michael Schumacher

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Beim Debüt von Andre Lotterer in der Formel 1 wurden Erinnerungen an den Rekordweltmeister wach. Eine Fortsetzung ist möglich.

Von der Formel 1 berichtet Andreas Reiners

Spa-Francorchamps - Das größte Lob bekam Andre Lotterer von seinem Chef.

"Es ist schade, dass Andre so früh aufgeben musste. Sein Wochenende war bis dorthin nahe an Perfektion. Er hat uns mit viel gehaltvollem Feedback versorgt, das uns bei der weiteren Entwicklung des Autos helfen wird", sagte Caterham-Teamchef Christijan Albers.

Da war der Arbeitstag des Formel-1-Spätstarters allerdings schon lange beendet. Denn ausgerechnet bei seinem ebenso sensationellen wie späten Debüt in der Motorsport-Königsklasse beim Großen Preis von Belgien musste Lotterer seinen Boliden nach gerade einmal zwei Runden abstellen (DIASHOW: Die Bilder des GP von Belgien).

Nicht einmal geschwitzt

"Leider ist irgendwie der Motor ausgegangen, ich bin nicht mal ins Schwitzen gekommen", sagte er nach seinem Kurzeinsatz. "Beim Start habe ich alles richtig gemacht und sogar ein paar Plätze gutgemacht, da habe ich mich schon auf das Rennen gefreut und war dabei, meinen Rhythmus zu finden", so Lotterer. Doch ehe er seinen Rhythmus fand, ließ ihn sein Caterham im Stich (DATENCENTER: Das Rennergebnis).

Enttäuschung? Trauer? Tränen? Weit gefehlt.

Auf dem Fußweg zurück in die Box hatten ihn die Kameras noch einmal kurz erwischt. Lotterer zuckte nur mit den Schultern und lächelte. Diese Geste beschreibt seine Gefühlslage wohl am besten.

Er hat in den Tagen von Spa wenig falsch gemacht, dafür aber viel gewonnen. Reputation. Und Respekt. Denn Lotterer hätte eine Menge verlieren können. Und die Befürchtungen waren da. "Im schlimmsten Fall hätte ich ein Wochenende lang wie ein Idiot ausgesehen", gab er zu. Doch er fand sich schnell zurecht: "Das ist alles ganz logisch. Und viele Knöpfchen am Lenkrad zu drehen, das bin ich gewohnt", erklärte er.

Erinnerungen an Schumacher

Es wurden aber sogar kurz Erinnerungen wach an Michael Schumacher. Der Rekordweltmeister war 1991 ähnlich kurzfristig, überraschend und dank 150.000 Pfund Startgeld zu seinem Cockpit bei Jordan gekommen. Sein Rennen dauerte damals sogar nur 500 Meter. Die Kupplung.

Der große Unterschied: Schumacher war damals 22 Jahre alt. Und stand am Anfang seiner unvergleichlichen Karriere. Lotterer befindet sich im Herbst seiner Rennfahrer-Laufbahn. Den Herbst hat er sich allerdings bereits jetzt vergoldet (DATENCENTER: WM-Stand Fahrer).

Besser spät als nie

Denn besser spät als nie, wird sich der 32-Jährige in diesen Tagen gedacht haben. Bereits 2000 stand er auf dem Sprung in die Motorsport-Königsklasse, kam wie so viele Fahrer über den Wartestand aber nicht hinaus.

Stattdessen gehört er inzwischen in der Langstreckenweltmeisterschaft WEC zu den besten Sportwagen-Piloten der Welt und gewann als Audi-Werksfahrer dreimal die berühmten 24 Stunden von Le Mans.

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Sogar in den Nachrichten

Trotzdem machten ihn die vier Tage Formel 1 in Spa berühmter als die ganzen Jahre im Sportwagen.

"Ich war schon überrascht, wie mich dieser Einsatz bekannt gemacht hat. Ich habe meinen Namen sogar in den Nachrichten gehört", sagte Lotterer.

Durch den Sprung ins kalte Wasser hat er also wenig verloren, im Grunde nur gewonnen. Auch wenn sein Einsatz nicht in erster Linie aufgrund seines Talents oder im Rahmen eines Nachwuchsprogramms zustande kam.

Natürlich spielten bei dem Engagement Geld und Beziehungen eine große Rolle. Wie immer in der Formel 1. Lotterer steht Colin Kolles nahe, der bei Caterham die Fäden im Hintergrund zieht. Es ist also davon auszugehen, dass für die verspätete Premiere auch Geld geflossen ist. Denn das Cockpit wurde schließlich erst frei, weil dem eigentlichen Stammpiloten Kamui Kobayashi die Sponsorengelder ausgingen.

Doch das dürfte Lotterer egal sein: Viele Piloten aus anderen Serien träumen ihr ganzes Rennfahrerleben lang vergebens von der Möglichkeit, in einem Formel-1-Auto zu sitzen.

"Unvergessliches Mega-Erlebnis"

Kein Wunder, dass Lotterer Blut geleckt hat. Nach seinem Kurzeinsatz sprach er von einem "Mega-Erlebnis, es war unvergesslich. Vielleicht kriege ich nochmal die Chance, keine Ahnung, wie groß die Chancen sind".

Keine Frage, seine Karriere als Werksfahrer bei Audi wird er für die Formel 1 nicht opfern. Lotterer bot sich aber noch einmal als Gaststarter an: "Ich wäre in Monza frei, auch Suzuka wäre eine coole Geschichte. Ich wohne ja in Japan und kenne die Strecke."

Mitgift hin oder her: Eine zweite Chance wäre wohl das größte Lob für Lotterer.

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