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Als neuer Trainer des MSV Duisburg steht Karsten Baumann vor einer schwierigen Mission. Bei SPORT1 spricht er über deren Reiz.
Von Reinhard Franke
München - Karsten Baumann kennt sich aus in der Zweiten und Dritten Liga.
In den letzten Jahren trainierte der 43-Jährige Drittligist Rot-Weiß Erfurt, stieg mit dem VfL Osnabrück in die Zweite Liga auf und war zuletzt bei Erzgebirge Aue, wurde dort aber in der vorigen Saison drei Spieltage vor Toresschluss entlassen.
Doch der gebürtige Oldenburger gilt als ehrlicher Arbeiter und hat rechtzeitig zum Start der Dritten Liga ein neues Engagement angenommen: Er soll den MSV Duisburg aus der Schockstarre holen, in der sich die "Zebras" zuletzt nach dem Zwangsabstieg aus der Zweiten Liga aufgrund des Lizenzentzugs befanden.
Vor dem Auftaktspiel gegen Geheimfavorit Heidenheim (ab 14 Uhr im LIVE-TICKER) spricht Baumann im SPORT1-Interview über die schwere Situation an der Wedau und den neuen MSV.
SPORT1: Herr Baumann, Sie hatten schon leichtere Aufgaben als den MSV Duisburg zu übernehmen. Der Verein liegt nach dem Lizenzentzug am Boden. Warum machen Sie es dennoch?
Karsten Baumann: Ich sehe das anders und finde nicht, dass der MSV am Boden liegt. Ich finde, dass letztes Jahr gute Arbeit geleistet wurde und der MSV sich sportlich gerettet hat. Da hat man gemerkt, dass es im sportlichen Bereich stimmt. Dass es am Ende keine Lizenz gab, dafür kann die sportliche Führung nichts, und ich habe auch in den ersten Gesprächen gleich gemerkt, dass Ivica Grlic einen klaren Plan hat. Dass es natürlich schwierig ist, aus so einer Position eine neue Mannschaft aufzubauen, das ist auch klar, aber es hat auch seinen Reiz.
SPORT1: Wo liegt der?
Baumann: Für mich passt es perfekt, weil es ein großer Verein ist mit einer großen Tradition. Es ist ein Klub, der wieder hoch will, und das habe ich mit dem VfL Osnabrück auch schon geleistet.
SPORT1: Sie sprechen von einem Plan. Wie sieht der aus?
Baumann: Vor dem ersten Gespräch mit Ivica Grlic (MSV-Sportchef, Anm. d. Red.) dachte ich, dass wir bei null beginnen und uns fragen müssten, wen wir verpflichten, aber er hatte schon mit vielen Spielern gesprochen. Es ist klar, dass es in diesem Jahr schwierig wird, das hat der Verein auch klar kommuniziert. Man will aber spätestens im zweiten Jahr wieder hoch und das ist auch meine Marschroute. Es darf nicht sein, dass sich der MSV in der Dritten Liga einnistet, das will ja keiner.
SPORT1: Ist die Situation nach wie vor beklemmend oder ist eine Befreiung zu spüren, weil es jetzt wieder losgeht?
Baumann: Die Mischung im Klub und bei den Fans ist ein Teil Erleichterung, dass es weitergeht, und Vorfreude auf die neue Saison. Die Stimmung ist im Grunde genommen sehr positiv. Die Lizenz wurde erteilt und ich denke, dass in naher Zukunft da keine Probleme mehr auftauchen werden.
SPORT1: Viele Leistungsträger sind weg. Der Kader umfasst nur 18 Spieler. Das macht Ihre Arbeit nicht unbedingt leichter, oder?
Baumann: Das stimmt, aber ich finde, das ist eine gute Möglichkeit, mich zu beweisen, denn es ist eine große Verantwortung. Es ist auch die Chance als Trainer, doch intensiv in die Kaderplanung einzugreifen. Wenn Du normalerweise zu einem Verein kommst, sind die Möglichkeiten in die Kaderplanung einzugreifen, meist beschränkt. In Osnabrück hatten wir vier Wochen vor Saisonstart nur vier Spieler unter Vertrag. Aber das hat mir damals schon Spaß gemacht und ich hoffe, dass es in Duisburg ähnlich klappt wie damals beim VfL.
SPORT1: Hat das sofort geklappt zwischen Ihnen und Herrn Grlic?
Baumann: Bis jetzt hatten wir noch keine großen Bewährungsproben, aber wir haben gleich gemerkt, dass wir von Anfang an auf einer Linie liegen, was die Bewertung von Spielern, die Ausrichtung des Teams und die Zielsetzung angeht. Es war von Anfang an positiv.
SPORT1: Auf welches Gerüst von Spielern können Sie überhaupt bauen?
Baumann: Wir haben ein gutes Gerüst, konnten einige Spieler aus der letzten Saison halten, die zweitligaerfahren sind, haben mit Michael Ratajczak einen erfahrenen Spieler dazubekommen und mit Tobias Feisthammel aus Paderborn, den drittligaerfahrenen Phil Ofosu-Ayeh aus Erfurt sowie Mathias Kühne aus Babelsberg gute Jungs neu dabei. Wir haben eine gute Mischung, und ich glaube, dass wir über die Saison eine gute Mannschaft haben werden - auch wenn der Start in dieser Konstellation natürlich alles andere als einfach wird.
SPORT1: Ein Absteiger startet automatisch als Favorit in die neue Runde. Beim MSV ist das wohl anders.
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10 Fragen zur Dritten Liga
Baumann: Das ist aufgrund der besonderen Situation auf jeden Fall anders. Für uns kann es nur darum gehen, in die ersten Spiele gut reinzukommen, sich reinzubeißen und konkurrenzfähig zu werden. Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen, mehr steht bei uns nicht auf dem Plan.
SPORT1: Was macht Ihnen Hoffnung auf eine gute Runde?
Baumann: Dass wirklich eine positive Stimmung im Umfeld herrscht. Das Team hat eine hohe Qualität, wenn es im Training arbeitet. Die Arbeit mit der Mannschaft macht mich zuversichtlich, dass wir über die Saison gesehen durchaus mithalten können.
SPORT1: Am Samstag geht es gleich gegen Heidenheim. Was ist da drin?
Baumann: Heidenheim ist der Topfavorit für die ganze Saison und im Spiel gegen uns auch. Wir spielen zu Hause und auch, wenn wir noch nicht eingespielt und konditionell noch nicht auf der Höhe sind, wollen wir natürlich einen großen Kampf abliefern.
SPORT1: Zum Schluss ein kurzer Blick zurück: Ihr Ende in Aue hatten Sie relativ schnell verarbeitet.
Baumann: Das Ende in Aue war ungewöhnlich und auch unnötig. Ich hätte die Mannschaft gerne weiter betreut und den Ligaverbleib auch gesichert, aber ich hatte so einige Wochen mehr Urlaub. Aber jetzt kribbelt es wieder. Ich bin heiß auf die neue Aufgabe.