Freund baut auf Deja-Vu-Effekt

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Vor dem Tournee-Auftakt in Oberstdorf offenbaren die DSV-Adler Schwächen. Der Coach vermisst Lockerheit. Schmitt hadert.

Severin Freund gewann diese Saison das Weltcupspringen in Lillehammer
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Von der Vierschanzentournee berichtet Rainer Nachtwey

Oberstdorf/München - Norwegen, Japan, Schweiz, Österreich, Slowenien, Polen - Springer aus sechs verschiedenen Nationen belegen die ersten sechs Plätze.

Es ist also zu dem gekommen, was die Experten wie Andreas Goldberger und Sven Hannawald bei SPORT1 vor dem Start der 62. Vierschanzentournee in Oberstdorf (ab 16.15 Uhr im LIVE-TICKER) prognostiziert haben: Die Spitze ist ganz dicht beieinander.

Lernen aus Quali-Sprung

Allerdings liegen auch die Experten ein wenig daneben. Denn die so stark eingeschätzte deutsche Mannschaft konnte in der Qualifikation (Bericht) nicht überzeugen.

Mit Severin Freund als Neuntem platzierte sich nur ein DSV-Adler unter den ersten 10 - und das auch noch mit deutlichem Abstand von über zwölf Punkten auf Rang eins.

"Es war nicht der Wahnsinnssprung. Ich weiß, was ich falsch gemacht habe, und nehme das für morgen mit", sagte der Gesamtweltcup-Vierte. "Insgesamt hat man gesehen, dass viele Springer eng beisammen sind."

Lockerheit fehlt

Der hocheingeschätzte Andreas Wellinger, Sieger des Sommer-Grand-Prix und Gesamtfünfter, enttäuschte und ließ bei seinem Sprung auf 123,5 Meter die gewohnte Lockerheit vermissen.

"Die Qualifikation ist nicht ganz nach meinem Geschmack verlaufen. Die Jungs haben sich ein bisschen zu viel vorgenommen, und der Fluss hat gefehlt", bilanzierte daher auch Bundestrainer Werner Schuster.

Neun DSV-Adler dabei

Immerhin deutete Andreas Wank als 15. Potenzial für ein gutes Abschneiden an, und mit neun Athleten unter den 50 Startern konnte sich der DSV-Coach über das Gesamtergebnis freuen.

Neben Wank und den vorqualifizierten Freund und Wellinger schafften auch Oldie Martin Schmitt, Marinus Kraus, Michael Neumayer, Daniel Wenig, Rekonvaleszent Richard Freitag, und Danny Queck den Sprung ins Hauptfeld.

Freitags Pokern geht auf

Freitag plagt nach einem Mittelfußbruch zu Saisonbeginn nun eine erneute Verletzung. Vor allem bei den Trainingssprüngen war ihm das anzumerken.

"Mit knappen 100 Metern waren die schon zäh. Wir mussten wegen der Knochenhautreizung etwas mit den Schuhen probieren. Wir mussten pokern, aber es ist aufgegangen", zeigte sich der Sachse mit der geschafften Qualifikation immerhin etwas zufrieden.

Schmitt gegen Kasai

Zu einem versöhnlichen Abschied aus Oberstdorf kommt es für Routinier Schmitt. Bei seinem letzten Vierschanzentournee-Auftritt an der Schattenberg-Schanze gelang dem 28-maligen Weltcup-Sieger der Sprung unter die Top 50 (DIASHOW: Die Profile der Tournee-Schanzen).

Sieger der Vierschanzen-Tourneen

2000 / 01: Adam Malysz (Polen)

2001 / 02: Sven Hannawald (Deutschland)

2002 / 03: Janne Ahonen (Finnland)

2003 / 04: Sigurd Pettersen (Norwegen)

2004 / 05: Janne Ahonen (Finnland)

2005 / 06: Jakub Janda (Tschechien) und Janne Ahonen (Finnland)

2006 / 07: Anders Jacobsen (Norwegen)

2007 / 08: Janne Ahonen (Finnland)

2008 / 09: Wolfgang Loitzl (Österreich)

2009 / 10: Andreas Kofler (Österreich)

2010 / 11: Thomas Morgenstern (Österreich)

2011/ 12 Gregor Schlierenzauer (Österreich)

2012/13: Gregor Schlierenzauer (Österreich)

Trotz der Qualifikation für den Wettbewerb zeigte sich Schmitt nicht sonderlich zufrieden. "Drei, vier Meter mehr wären dringewesen", analysierte der 35-Jährige. "Da waren ein paar kleine Fehler zu viel im Flug."

Als 49. trifft er nun auf den Quali-Zweiten Noriaki Kasai.

Bardal gewinnt Quali

Der 41 Jahre alte Japaner stellte einmal mehr unter Beweis, dass er zu seiner Klasse aus früheren Jahren zurückgefunden hat. Kasai, der bereits 1990 seine erste Tournee gesprungen war, fehlten nur knappe drei Punkte zu Platz 1, den der Norweger Anders Bardal belegte.

Dahinter deuteten die Topfavoriten Kamil Stoch und Gregor Schlierenzauer bei ihren Sprüngen auf die Plätze sechs und sieben an, dass sie als heiße Siegkandidaten in Frage kommen (DIASHOW: Die Tournee-Favoriten).

Morgenstern meldet sich zurück

Und auch mit Thomas Morgenstern, der nach seinem schweren Sturz in Titisee wie Phoenix aus der Asche in Oberstdorf sein Comeback im Weltcup gab, ist zu rechnen.

Im Training belegte der Österreicher die Plätze zwei und vier, in der Qualifikation reihte er sich trotz erschwerter Bedingungen als Achter hinter Stoch und Schlierenzauer ein (DATENCENTER: Ergebnisse Skispringen).

"Vom Kopf her war es nicht so einfach. Aber als ich mich dann vom Schanzentisch abgestoßen habe, hatte ich wieder das richtige Gefühl. Die Landung war sehr, sehr safe. Es freut mich, dass ich wieder da bin", sagte der Gesamtsieger von 2011, der sich aufgrund seines Daumenbruchs nicht einmal selbst die Schuhe zubinden kann.

Acht, zehn, die auf Schwäche warten

Der Favoritenkreis ist nach der Qualifikation in Oberstdorf weiterhin breitgefächert. Ein Zweikampf wie im Vorjahr zwischen Schlierenzauer und Anders Jacobsen deutet sich nicht an.

"Die Spitze ist enorm dicht. Das macht richtig Spaß. Es ist doch schön, wenn es viele Favoriten gibt", sagte Schlierenzauer. "Wenn es mir gelingt, tolle Sprünge zu zeigen, wissen wir alle, dass es dann passt. Wenn nicht, dann gibt es acht, zehn andere. Man braucht eben auch ein Quäntchen Glück mit den Bedingungen."

Kraft schöpfen für Tournee

Darauf baut eben auch Freund, den die Rückkehr an die Erfolgsstätte vom Vorjahr besonders motiviert. Im vergangenen Jahr hatte er mit Platz drei die Durststrecke einer deutschen Podestplatzierung bei der Tournee von drei Jahren beendet.

"Die Siegerehrung letztes Jahr war einer der schönsten Momente meiner Karriere. Daraus zieht man Kraft für die ganze Tournee", erinnerte sich Freund.

So soll es auch dieses Jahr sein, auch wenn die DSV-Adler noch viel Luft nach oben haben - gerade weil die Spitze so dicht beieinander liegt.

Die deutschen Duelle:

(26) Andreas Wellinger - (25) Jernej Damjan (SLO)
(29) Michael Neumayer - (22) Marinus Kraus
(34) Daniel Wenig - (17) Anders Jacobsen (NOR)
(36) Jan Matura (CZE) - (15) Andreas Wank
(39) Richard Freitag - (12) Maciej Kot (POL)
(42) Danny Queck - (9) Severin Freund
(49) Martin Schmitt - (2) Noriaki Kasai (JPN)


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