Abbrechen
Die Brose Baskets machen den Radikalschnitt - aus Furcht vor dem FC Bayern? Manager Wolfgang Heyder wird Opfer seines Erfolges.
Von Eric Böhm
München - Selbst sieben Titel in sechs Jahren waren nicht genug.
Am Ende hat das Aus des Erfolgsduos Wolfgang Heyder und Chris Fleming niemanden mehr überrascht, für die Brose Baskets Bamberg bedeutet es jedoch eine gewaltige Zäsur (News).
Gegen Coach Fleming hatte es schon vor dem Viertelfinal-Aus in den Playoffs der Beko BBL Vorbehalte gegeben. Dass Manager Heyder nach 15 Jahren zurücktrat, deutet dagegen auf mehr als nur atmosphärische Störungen in der heilen Welt der Franken hin.
Eine nüchterne Pressemitteilung wurde zum unwürdigen Ende einer großen Dynastie, die letztlich an den eigenen Erfolgen zerbrach.
"Nach den zahlreichen Missverständnissen in der Öffentlichkeit begrüße ich die klaren Personalentscheidungen für einen Neuanfang", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende und Boss des Hauptsponsors Michael Stoschek.
"Überhaupt kein Zusammenspiel"
Später präzisierte Stoschek bei "Brose Baskets TV": "Die Ziele und die Realität waren in dieser Saison weiter auseinander als je zuvor. Die gesamte Leistung war im Vergleich zu dem Aufwand, den wir treiben, noch nie so schlecht."
Man sei schon in der letzten Saison deutlich in der Leistung zurückgefallen, die Meisterschaft sei nach dem Verlauf der Saison eher unerwartet gewesen. In diesem Jahr habe "überhaupt kein Zusammenspiel" mehr stattgefunden: "Wir haben den zweithöchsten Etat in der Liga und müssen uns anstrengen, dass wir gegen Aufsteiger mit ein paar Punkten gewinnen."
Erfolgsgeschichte Bamberg
In Rekordzeit hatten Heyder und Fleming ab 2008 "Freak City" zum Aushängeschild des deutschen Basketballs und legitimen Nachfolger der Serienmeister Bayer Leverkusen und ALBA Berlin aufgebaut (SHOP: Jetzt Basketball-Fanartikel kaufen).
Zwischen 2010 und 2012 wurde dreimal das Double aus Meisterschaft und Pokal gewonnen, gleichzeitig reiften recht unbeschriebene Blätter wie Tibor Pleiß, Marcus Slaughter, Brian Roberts oder P.J. Tucker zu in Europa oder sogar der NBA gefragten Stars.
"Chris Fleming und sein Trainerteam haben einen überragenden Job gemacht. Das spiegelt sich in Titeln und der Entwicklung von Spielern wider", hatte Heyder unlängst bei SPORT1 bestätigt.
Der Fluch der guten Tat
Immer wieder wurden hochkarätige Abgänge scheinbar mühelos ersetzt. Aus dem Segen wurde in der abgelaufenen Saison ein Fluch. Denn die Erfolge wurden offenbar im Umfeld - und speziell im Aufsichtsrat - als Selbstverständlichkeit hingenommen (DATENCENTER: Beko BBL Playoffs).
Dabei war es nur eine Frage der Zeit bis die wirtschaftlichen Nachteile im Vergleich zu Emporkömmling Bayern München - von europäischen Topklubs ganz zu schweigen - einen Preis fordern würden.
Im vergangenen Sommer blieben schließlich erstmals die preisgünstigen Volltreffer aus, die junge Mannschaft rief ihr Potenzial nur unregelmäßig ab und verpasste alle Saisonziele.
Heyder gibt Missgriffe zu
In der Turkish Airlines Euroleague wurde der erneute Einzug in die Top16 verpasst, obwohl Bamberg beispielsweise Real Madrid am Rande einer Niederlage hatte.
Zudem platzte beim TOP FOUR in Ulm der Traum vom Pokalsieg schon im Halbfinale, das Ausscheiden gegen die Artland Dragons - die erste verlorene Playoff-Serie seit 2009 - war der Tiefpunkt.
"Entscheidend war die Zusammenstellung der Mannschaft. Da haben wir Fehler gemacht. Mit Zack Wright und Nove Velickovic hat es nicht geklappt. Wenn dir auf diesen wichtigen Positionen Leistungsträger wegbrechen, wird es schwierig", sagte Heyder.
Angst vor FC Bayern?
Die Aufsichtsräte um Stoschek dürfte vor allem der Siegeszug der Bayern in Europa und Liga geärgert haben.
Dem finanzstarken Konkurrenten aus der Landeshauptstadt soll mit allen Mitteln Paroli geboten werden - ein gefährliches Spiel.
"Ich werde diesen Neuanfang in jeder Weise unterstützen, damit Bamberg wieder an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen kann", sagte Stoschek.
Alte Helden weg
Geduld mit den vielen jungen Spielern wie Elias Harris, Maik Zirbes oder Rakim Sanders passt da nicht ins Konzept. Dafür hatte Heyder intern geworben.
Gleichzeitig gab es zuletzt auch immer mehr Konflikte um Rahmenbedingungen und Planungssicherheit mit Blick auf das Budget für den Kader.
Da er seinen Coach nicht retten konnte, zog Heyder die Konsequenzen und widmet sich in Zukunft der Jugendarbeit des Vereins. Auch die verdienten Titelhamster Casey Jacobsen und John Goldsberry hören auf. Es werden nicht die einzigen Abgänge bleiben.
Gerüchteküche brodelt
Fleming wird als Bundestrainer für die EM 2015 und als Coach beim Pleiß-Klub Laboral Kutxa in Spanien gehandelt.
Durch Bamberg geistert - trotz aller Dementis vom Verein und ihm selbst - weiter der Name des Ex-Trainers Dirk Bauermann. Nun wird er auch als Heyders Nachfolger gehandelt.
Die erfolglosen Fanproteste pro Fleming zeigen, dass selbst der größte Trumpf der goldenen Ära in der "Frankenhölle" nicht mehr uneingeschränkt sticht.
Beim entthronten Champion bricht ein neues Zeitalter mit vielen Fragezeichen an.
Artland-Coach McCoy auf Flemings Seite
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