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Der Triumph über Dortmund beflügelt S04 für das Duell bei Arsenal. Trainer Stevens stellt aber plötzlich die Torwartfrage neu.
Aus London berichtet Christian Paschwitz
London - Beim Abschlusstraining im Emirates Stadium hatten die Spieler des FC Schalke 04 dann wieder so halbwegs den Durchblick.
Locker und entspannt sah es aus, wie das Team um Kapitän Benedikt Höwedes den Ball während der anfänglichen Übungen kreisen ließ.
Auch die meisten Pässe über ein paar mehr Meter kamen an.
Kein Stochern im Nebeln also, auf das sich die Königsblauen kurz nach ihrer Ankunft in London schon eingestellt hatten ( DATENCENTER: Ergebnisse und Tabelle).
England grüßt mit reichlich Nebel
Die Helden gegen Dortmund (2:1) waren gerade ihrem Flieger entstiegen, da hatte sie das Wetter typisch britisch mit einer schönen Waschküche begrüßt. Eine Handvoll mitgereister Fans ließ sich davon aber nicht stören und skandierten während des Abschluss-Trainings lautstark "Derby-Sieger, Derby-Sieger!".
Einen Tag vor dem Champions-League-Topspiel der Gruppe B beim FC Arsenal (Mi., ab 20.15 Uhr im LIVE-TICKER) stand das Schalker Stimmungsbarometer insgesamt auf Hoch.
Der Coup gegen den schwarz-gelben Erzrivalen hat sichtbar einen Selbstbewusstseinsschub verliehen und macht Appetit auf Arsenal.
Neustädter und Höwedes heiß
"Das ist zwar auch ein Weltklasseverein", meint Mittelfeldspieler Roman Neustädter über den 13-maligen englischen Meister: "Aber wer in Dortmund gewinnen kann, kann auch bei Arsenal etwas holen."
Die Brust der Schalker ist breit, und sie sind bereit für die nächste Goßtat. ( BERICHT: Höger startet durch)
"Es wäre schön, wenn wir noch mal einen draufsetzen und eine tolle Woche mit einem Sieg in der Champions League abschließen können", sagte Höwedes im Interview mit SPORT1.
Und auch Klaas-Jan Huntelaar will auf der Insel "was Zählbares mitnehmen - wenn möglich, drei Punkte."
Stevens bremst: "Geht wieder bei Null los"
Die richtige Einstellung dazu dürfte Huub Stevens seinem Team mit auf den Weg geben.
"Der Sieg im Derby gibt uns viel Selbstvertrauen", erklärte der Trainer 58-Jährige während der Abschluss-Pressekonferenz.
Und ergänzte schnell: "Aber in London geht es wieder bei Null los. Das wird ein ganz anderes Spiel als in Dortmund."
Fast scheint es so, als müsse Stevens gar ein wenig auf die Euphoriebremse treten, derart forsch klingt mancher Akteur angesichts des Höhenflugs der Schalker, die seit nunmehr acht Pflichtspielen auswärts ungeschlagen sind.
Zusätzliche Brisanz wegen Podolski
Nicht zuletzt auf Lukas Podolski sind alle heiß: "Der schießt auch nur aufs Tor", sagt etwa Schalkes Torwart Lars Unnerstall kess.
"Poldi", der zu den ersten beiden Siegen der Londoner in der Königsklasse zwei Tore beisteuerte, will Stevens offiziell aber gar nicht so viel Bedeutung beimessen.
Nur soviel: Der schnelle Erfolg des Ex-Kölners bei den "Gunners" überrascht den Niederländer nicht, er trainierte Podolski einst in Köln: "Lukas ist ein Gefühlsmensch, den musst du gut begleiten. Ich denke, dass er hier mit Arsène Wenger einen Trainer hat, der sich um ihn kümmert."
Schalke will auch gegen Arsenal rocken
Wenger würdigt "Poldi"
Der Elsässer ("Schalke ist eine sehr komplette Mannschaft") hatte Podolski zuvor in den höchsten Tönen gelobt: "Er ist heiß auf jedes Spiel, er arbeitet sehr hart für die Mannschaft, macht Tore und gibt auch Pässe zu Toren."
Diesmal dürften die Schalker aber etwas dagegen haben.
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"Ich habe schon bei der Nationalmannschaft mit ihnen ein wenig gefrotzelt, wer denn gewinnt", ergänzt Höwedes, der sich auch auf das Kräftemessen mit Arsenals zweitem Deutschen, Per Mertesacker, freut, den er kürzlich noch zu dessen Geburtstagsparty in London besuchte.
"Am Mittwoch kann von Freundschaft natürlich keine Rede sein", so der Schalker Nationalspieler.
Mertesacker auf der Hut
Die Kampfansage aus dem Pott ist angekommen in England - und den Kanonieren Warnung genug:
"Sie haben technisch versierte, temporeiche Spieler, ihr Spiel ähnelt unserem", würdigt Mertesacker.
Und fügt an: "In der Defensive gehen sie immer rigoros zu Werke. Da ist es schwer durchzukommen. Wir werden wohl Platz eins und zwei unter uns ausmachen."
Arsenal führt die Gruppe B mit zwei Siegen aus den ersten beiden Spielen an, Schalke liegt zwei Punkte dahinter.
Peinliche Pleite gegen Norwich
Nach dem peinlichen 0:1 bei Kellerkind Norwich City am vergangenen Samstag sind "King Poldi" und Co. in der Premier League indes auf Platz neun zurückgefallen und gehörig unter Erfolgsdruck.
Alle Champions-League-Gewinner
1992/93
Olympique Marseille (1:0 gegen AC Mailand)
1993/94
AC Mailand (4:0 gegen FC Barcelona)
1994/95
Ajax Amsterdam (1:0 gegen AC Mailand)
1995/96
Juventus Turin (1:1, 4:2 n.E. gegen Ajax Amsterdam)
1996/97
Borussia Dortmund (3:1 gegen Juventus Turin)
1997/98
Real Madrid (1:0 gegen Juventus Turin)
1998/99
Manchester United (2:1 gegen Bayern München)
1999/2000
Real Madrid (3:0 gegen FC Valencia)
2000/01
Bayern München (1:1, 5:4 n.E. gegen FC Valencia)
2001/02
Real Madrid (2:1 gegen Bayer Leverkusen)
2002/03
AC Mailand (0:0, 3:2 n.E. gegen Juventus Turin)
2003/04
FC Porto (3:0 gegen AS Monaco)
2004/05
FC Liverpool (3:3, 3:2 n.E. gegen AC Mailand)
2005/06
FC Barcelona (2:1 gegen FC Arsenal)
2006/07
AC Mailand (2:1 gegen FC Liverpool)
2007/08
Manchester United (1:1, 6:5 n.E. gegen FC Chelsea)
2008/09
FC Barcelona (2:0 gegen Manchester United)
2009/2010
Inter Mailand (2:0 gegen Bayern München)
2010/11
FC Barcelona (3:1 gegen Manchester United)
Zudem verschärften sich die Personalprobleme, weil nun auch Nationalspieler Alex Oxlade-Chamberlain (Hüftverletzung) ausfällt.
Doch Stevens geht davon aus, dass Wenger trotzdem eine starke Truppe auf die Beine stellt - während er selbst das Pokerface mimt.
Stevens lässt Torwart-Frage offen
Denn die Torwartfrage lässt er offen: "Wir entscheiden von Spiel zu Spiel. Morgen steht wieder einer im Tor, der Handschuhe anhat", so der Niederländer.
Beim Derby-Sieg hatte Unnerstall zwischen den Pfosten gestanden, obwohl die ursprüngliche Nummer eins Timo Hildebrand wieder fit war.
"Ich muss sehen, wie frisch und fit die Jungs sind. Die Torhüter machen es mir unheimlich schwierig", sagt Stevens weiter.
Personal-Karussell zwischen den Pfosten
In der vergangenen Saison waren sowohl Hildebrand und Unnerstall als auch Ralf Fährmann, der eigentlich Nachfolger des abgewanderten Nationaltorwarts Manuel Neuer werden sollte, zum Einsatz gekommen.
Nacheinander hatten sich alle drei Verletzungen zugezogen. Zum Start der aktuellen Spielzeit hatte sich Stevens schließlich für Hildebrand entschieden, der dann allerdings mit einer Knieverletzung lange ausfiel.
"Ich bin froh, dass ich drei hervorragende Torhüter habe. Aber es ist nicht ganz einfach", sagt der Schalker Coach.
Der Nebel wird sich für Schalke damit doch erst kurz vor Anpfiff lichten.